Anfang der Woche hatte ich ein angenehmes Telefonat mit einem ausgesprochen umtriebigen jungen Mann, der zur Zeit ziemlich gefordert ist.
Fritz Kalkbrenner hat heute sein erstes Album veröffentlicht und uns einen kleinen Einblick in seine Machenschaften gewährt;)
Wieso gerade Suol, kann mir vorstellen, dass du nach dem ganzen Hype auch andere Angebote hattest, oder?
Bei einem größeren Label wär man bei Katalognummer 200 eingestiegen und wäre einer von 50 Künstlern gewesen.
Mit einem Labelmanager den man nur alle drei Wochen mal spricht. War einfach nicht in meinem Interesse, mit Suol is das auch schon länger her, Chopstick&Johnjon sind einfach auch gute Freunde von mir, die haben eine ganz klare Philosophie und eine Vorstellung sowie Musikgeschmack die sich auch mit meinem decken.
Ich hab die Entscheidung getroffen und bin super zufrieden damit, vermisse/bereue es auch nicht, nicht bei einem größeren Label gelandet zu sein.
Viele Djs/Djanes/Sänger suchen sich für ihre Alben Produzenten um ihre Ideen umzusetzen, bei Dir hat man jetzt zwar nicht das Gefühl, aber ich frag lieber trotzdem. Wie ist das bei Dir?
Das is nicht nur ein Gefühl, Das ist auch so, dass alles selber produziert wurde. Wobei man jetzt auch sagen muss, dass das eher die Seltenheit ist, das Leute aus der Technoszene mit einem Produzenten ins Studio gehen.
In meinem Falle ist es aber wirklich so, dass alles was ich anbiete auch selber gemacht habe. Bei ein paar Nummern hab ich mir Studiomusiker zur Seite gezogen, Gitarrist und Bassist, die dann nach meinen Vorstellungen die Sachen auch einspielen.
Ansonsten das Ganze, Produktion, Arrangement, Einsingen, Mischen ist alles meins.
Du selber hattest aber keine klassische Musikausbildung?
Nein gar nicht.
Hast jetzt nich irgendwie Gitarre gespielt…
Nein leider nicht, im nach hinein wäre es vielleicht gar nicht mal so schlecht gewesen, wenn man sowas gemacht hätte, weil man die Erkenntnisse und Fähigkeiten viel besser zur Umsetzung seiner heutigen Vorstellungen hätte nutzen können. Aber leider gar nicht, sozusagen bin ich nativer Musiker, der sich alles selber beibringen muss, ok, nach 13 jahren selber beibringen kann man natürlich auch ein bisschen was, habe jetzt aber nichts akademisch vermittelt bekommen.
In der Öffentlichkeit wirst du ja durch den ganzen Hype eher als Sänger gesehen. Steht im Studio auch zuerst der Gesang?
Ehrlich gesagt würde ich sagen ich bin kein Sänger der produziert, sondern ein Produzent der singt. Der Gesang ist mir natürlich auf dem Album wichtig, aber die Produktion ist mir wichtiger. Die Produktion ist auch das Erste was steht, und ab einem gewissen Punkt merkt man ob sich ein Titel auch für eine Gesangsnummer prädestinieren würde. Je nachdem formt man den Track dann auch in diese Richtung, spielt mit der Stimme und Gesangsparts rum, passt dann die Produktion an, bis sich halt beide an einem Punkt treffen und der Track steht.
Du leihst ja vielen Projekten und Freunden deine Stimme, wo siehst du die Vor- und Nachteile wenn du alleine im Studio bist?
Ich glaube Features sind einfacher, da ist man ja in erster Linie Dienstleister. Wenn man da zusammen im Studio ist, ist es eher nach dem Motto, wie willst du es
denn haben? Man stellt halt auch den eigenen Geschmack zurück. Der andere ist in diesem Moment federführend. Alleine mache ich mir länger einen Kopf darüber, wie und was. Bei den Feature-Arbeiten ist es halt nur wichtig das der Andere zufrieden ist, und wenn das denn der Fall ist, ist es auch gut für mich.
Wenn ich alleine im Studio bin geht es ja nur um meinen Inhalt und Geschmack, da ist es dann wesentlich schwieriger, aber durch diese Schwierigkeit bin ich
im nachhinein ja viel zufriedener.
Du hast ja eben schon gesagt, dass Du Dir Musiker einlädst die für Dich gewisse Parts einspielen, ist dass dann eher eine Jam-Session oder
gibst du den Leuten die konkreten Parts vor und lässt den Chef raushängen?
Also chef schon mal gar nicht, er kommt dann halt ins Studio, ich zeig ihm was ich habe, da fehlt dann meinetwegen die Bassline. Was könnt man da so Ausarbeiten, dann stellt er mir paar möglichkeiten vor. 3/4 des Songs stehen halt meist schon und den rest erarbeiten wir zusammen. Es ist jetzt nicht so, dass wir mit der Gitarre da sitzen und einen Titel schreiben.
Denn ist ja der Schritt zur Liveumsetzung mit Band nicht soweit, wenn die Sachen zum Teil schon spielbar sind.
Na ja, das ist eine Überlegung, irgendwann mal vielleicht könnte man das ins Auge fassen. Aber wenn dann würde es nur eine hybridisierende Form geben, dass man mit einem halben Technik Set-up gewisse Parts weglässt, die dann wieder von einem Live-Musiker übernommen werden.
Der Gedanke ist schon richtig, ich spiel auch damit ein bisschen in meinem Kopf, aber das ist noch lange nicht spruchreif. Vielleicht wenn ich älter bin.
Ich hatte jetzt auch gedacht, dass du im Watergate zur Release Party mit einer Überraschung aufwartest, Live-Gesang oder so, oder ist das noch zu schwierig umzusetzen, Live-Programming und Stimme gleichzeitig? Ist das zu viel?
Ja ja, dass siehst du schon richtig, die Kombination Live-Gesang und dann noch komplettes Arrangement, ist im Moment noch ein bisschen viel in der Anforderung, wobei ich auch da wieder mit dem Gedanken spiele, dass als Vorstufe zu der Band-Umsetzung zu nutzen. Vielleicht im nächsten oder übernächsten Jahr.
Und was passiert in naher Zukunft?
Jetzt bin ich ja erstmal lange mit dem Album unterwegs, also die Tour, dann im Ausland. Die erste Single ist gerade erschienen mit Remixen von Paul und Sascha,
dann wird noch das Video zur Auskopplung fertig produziert, dann wird auch schon über die nächste Maxi und die dazugehörigen Remixe nachgedacht.
Und dann steht auch schon die Suol-Night vor der Tür, im Rahmen der Bermudas.
Ja genau, allerdings wird das in der Bar 7000 sein, ich weiß selber noch nicht ob ich vor ort sein werde. Die Djs spielen da dann eher ihre eigenen Favoriten, also es wird wohl keine Clubmusik zu hören geben. Aber trotzdem eine ganz feine Sache.
Gutes Stichwort, Man liest ja jetzt immer das du mit Hiphop und Soul sozialisiert wurdest, und man das auch noch so raushört, Techno-Soul etc. pp. Welche Zuschreibungen würdest du denn zu deiner Musik machen?
Erstma hab ich kein Problem damit das Leute versuchen meine Musik irgendwie zu benennen. Ich will mir auch nicht anmaßen denen etwas vorzuschreiben. Ich will das Privileg einer gewissen Deutungshoheit gar nicht haben, Leuten zu verklickern was das denn da eigentlich jetzt sein soll. Wenn die Leute das jetzt Einbauschrank nennen wollen, dann sollen sie das von mir aus tun.
Ich hoffe das es eine Hybrid-Tanzmusik ist, die den Versuch wagt ein bisschen organisch zu sein und den Singer-Songwriter Anteil ein bisschen versöhnend mit einfließen lässt.
Unterm Strich ist es so, die Leute können und sollen sich selber ein Bild davon machen.
